Polizeigewalt muss Konsequenzen haben

Am Samstag kam es in Merseburg nach einem bis zum Ende nahezu konfliktfreien Protestnachmittag zu einem unverhältnismäßigem und gewaltvollen Polizeieinsatz. Dazu erklären die innenpolitische Sprecherin der Fraktion, Henriette Quade und die vor Ort zuständige Abgeordnete Kerstin Eisenreich:

„Die Proteste gegen die extrem rechte AfD in Merseburg waren sehr erfolgreich. Viele Menschen sind den Aufrufen gefolgt und haben laut und entschlossen und gegen Rassismus, rechte Hetze und Hass protestiert. Leider endete der Tag in Merseburg mit einem völlig unangemessenen und nicht nachvollziehbaren Polizeieinsatz gegen einzelne Personen. Eine Gruppe, die eine Kundgebung an der Gotthardstraße besuchen bzw. überqueren wollte wurde, ohne dass von ihr eine Aggression ausgegangen wäre, mit Gewalt gestoppt. Eine Person wurde geschlagen, zu Boden gedrückt und anschließend gefesselt in eine polizeiliche Maßnahme genommen.

Alle Beobachtenden vor Ort schildern, dass der Schlag völlig unvorhergesehen kam, keinerlei Ansprache im Vorfeld erfolgte und ohne jegliches Fehlverhalten des Betroffenen passierte. Im Anschluss wurde die Person über einen unverhältnismäßig langen Zeitraum mit gefesselten Händen an eine Hauswand gedrückt, seinen Begleiter*innen und auch vor Ort anwesenden Abgeordneten wurde auch auf mehrfache Nachfrage nicht mitgeteilt, was der Person vorgeworfen wird. Schließlich wurden mehrere Personen, die die Szene beobachten wollten von Polizeikräften geschubst und weggestoßen, wieder ohne dass es zuvor irgendeine Ansprache gegebene hätte. Dies betrifft auch zwei Abgeordnete der LINKEN, die vor Ort waren und deutlich als Abgeordnete erkennbar waren.

Nach allem was vor Ort zu sehen war und was auch auf Videos festgehalten ist, ist weder für den Schlag und die Maßnahmen gegen die Person, die auch im Krankenhaus behandelt wurde, noch für das Wegstoßen der Beobachtenden und Abgeordneten, eine Rechtsgrundlage erkennbar. Die Maßnahmen waren zudem überzogen und unverhältnismäßig.

Es ist gut, dass anhand der Kennzeichnungen nachvollziehbar ist, welche Beamte hier gehandelt haben. Überfällig, ist endlich einzugestehen, dass Polizeigewalt Alltag ist und es Strukturen wie eine unabhängige Polizeibeschwerdestelle braucht, damit solche Fälle endlich aufgearbeitet werden können.

Offensichtlich handelte es sich um Beamte einer BFE-Einheit, die zum Schutz eines bekannten Hallenser Rechtsextremisten abgestellt waren und ihn – seiner Strategie folgend, sich als Teilnehmer linker Kundgebungen auszugeben- auf eine antifaschistische Kundgebung eskortierten. Mit dem geschilderten Verhalten vor Ort haben die Beamten nicht nur gegen Recht verstoßen – sie haben sich auch zum Erfüllungsgehilfen eines Neonazis gemacht. Die Gewaltanwendung ist umso krasser, als der größte Teil des Demonstrationsgeschehens eigentlich schon beendet war und bis dahin einen völlig friedlichen und unproblematischen und friedlichen Verlauf nahm.

Dieser Vorgang muss dringend aufgearbeitet werden. Es ist in der Verantwortung des Innenministers, hier schnell für Aufklärung, Aufarbeitung und vor allem Konsequenzen zu sorgen. Er muss mit mehreren Dienstaufsichtsbeschwerden rechnen. Die Polizeigewalt wird hoffentlich auch juristische Konsequenzen haben. Er muss zudem erklären, warum Abgeordnete in ihren Rechten beschnitten wurden. Allen Betroffenen wünschen wir gute Besserung und versichern ihnen unsere Solidarität!“

Magdeburg, 31. Mai 2021